Ein Perspektivwechsel

Vor Jahren bin ich in einer Pressemitteilung zur damaligen Bundesgartenschau auf ein Bild gestoßen, das mir sehr gefiel. Das Bild zeigt einen stilisierten Planeten, nur dass dieser klitzeklein ist. Der Miniplanet hielt dabei alles bereit, was das Herz begehrt: Freizeit-, Sport- und Ausflugsmöglichkeiten, Orte für Kinder zum Austoben und am Horizont eine kleine Stadt, in der man womöglich Arbeit findet, wenn man denn will. Das Bild zeigte eine kleine, aber heile und friedliche Welt, in der die Intaktheit der Natur über allem schwebte.

Mein erster Gedanke war: „Wie schön wäre das denn?“ Um beim Bild der intakten Natur zu bleiben: Jedem der geschätzt 300 Menschen in so einer Miniatur-Utopie wäre sehr bewusst, dass sein und ihr Fortbestehen direkt davon abhängt, dass man nicht zu viele Bäume fällt. Oder zu viele Fische fängt. Dass man keinen Müll liegen lässt oder noch besser erst gar keinen produziert. Kurzum: Dass man nicht mehr in Anspruch nimmt als der eigene Planet verkraften kann. 

Mein zweiter Gedanke war: „Leben wir nicht eigentlich auf genau so einem Planeten?“ Zugegeben, wir sind deutlich mehr als 300. Und ja, unser Planet ist sehr viel größer als jener auf dem Bild. So mag es schwerfallen, die Bedeutung des eigenen Lebens für einen eben doch so viel größeren Planeten wie unsere Erde zu abstrahieren.Es ist verlockend, sich hinter der schieren Masse von Milliarden Menschen zu verstecken und die eigene Verantwortung zu relativieren. Aber sobald wir unsere kleine Lebenswirklichkeit als Mikrokosmos begreifen, der wiederum direkt an den Mikrokosmos des oder der nächsten grenzt, wird schnell die Verantwortung klar, der wir uns schlichtweg nicht entziehen können.

Die meisten von uns können die ganz großen Entscheidungen und Geschicke der Welt kaum beeinflussen. Aber jeder und jede von uns kann jeden Tag aufs Neue (mit-)entscheiden, wie sich der eigene Mikrokosmos entwickeln wird. Es sind bekanntermaßen die Entscheidungen beim Einkaufen, beim Essen, beim Reisen, beim Einkleiden, beim Wohnen. Ich habe mir in diesen Alltagssituationen die Frage angewöhnt: Was würde mein alternatives Ich auf dem winzigen Planeten tun?

Das Bild oben zeigt nicht das originale Plakat, denn urheberrechtliche Fragen konnten nicht abschließend geklärt werden. Das stattdessen verwendete Beitragsbild stammt von Freepik.

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